Erfolg

 

Der Erfolg eines Einzelnen hebt ihn aus der Menge derer heraus, die erfolglos blieben. Im Erfolg zeige sich, so die landläufige Meinung, die überragende Fähigkeit jenes Einzelnen. Glück mag auch im Spiel sein, eben das Glück des Tüchtigen. Das einzige, was man über den Erfolg mit Bestimmtheit sagen könne, so Luhmann, sei jedoch, daß es die Erfolgreichen sind, die erfolgreich sind. Da das Überragen immer nur einzelnen gewährt sein kann, sonst gäbe es nicht die Masse, die er überragt, könnte man auch der Auffassung sein, daß der erfolgreiche Einzelne der vielen anderen bedarf, um seinen Erfolg feiern zu können. Er verdankt somit seinen Erfolg all denen, die erfolglos blieben. Er steht auf der Pyramide der schmerzenden Schultern aller anderen.

Wie der wirtschaftlich oder beruflich oder sonstwie Erfolgreiche seinen Erfolg den anderen schuldet, aus denen er durch glückliche Umstände herausgehoben ist, als statistisch geringe Größe, zu deren Auftreten er die Menge derer braucht, denen dieses Glück gerade darum nicht zuteil werden kann, so verdanken erfolgreiche Theorien ihren Erfolg nicht sich selbst. So wie der Erfolgreiche sich wahnhaft einredet, seinen Erfolg aufgrund seiner Leistung verdient zu haben und die restlichen Individuen sich einreden sollen, ihren Mißerfolg ebenso verdient zu haben, so reden auch Theorien sich ihren Erfolg als wirklichkeitsgerecht und triftig selbst ein und erwarten von allen anderen theoretischen Ansätzen, daß sie sich den Umstand, sich nicht durchgesetzt zu haben, als Untriftigkeit selbst zuschreiben. Damit nehmen erfolgreiche Theorien den Charakter von Wahnideen an, die alle konkurrierenden Auffassungen als Irrtümer diskreditieren und tilgen.

„Ich finde (...) in den menschlichen Verhältnissen eine unabwendbare Gewalt, Allen und Keinem verliehen. Der Einzelne nur Schaum auf der Welle, die Größe ein bloßer Zufall, die Herrschaft des Genies ein bloßes Puppenspiel, ein lächerliches Ringen gegen ein ehernes Gesetz ...“ (Georg Büchner, in einem Brief an seine Verlobte Wilhelmine Jaeglé März 1834)


 

Donnerstag, 30. Dezember 2010

 
 
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