der verrückte König
Was diesen Wulf so eklig macht, ist die Tatsache, daß er glaubt, etwas Besonderes zu sein, über den Volk stehend, so daß er kraft seines Amtes der Bildzeitung drohen zu können glaubt, ihr Krieg androhen zu können glaubt. Er mißversteht sein Amt als Beweis für seine Besonderheit und Superiorität, so wie Westerwelles Leistungsträger allein darum, weil sie zu viel verdienen, sich für was Besseres halten - die widerlichste Form der Dummheit überhaupt. Schlimm ist darüber hinaus, daß Wulf nur ans Licht bringt, daß das alle Politiker so machen, daß alle so denken, dank ihrer berufsbedingten Gehirnvernebelung. Alle mißbrauchen ihre Position wegen der mit ihr verbundenen Privilegien, die zu mißbrauchen sie von den Lobbyisten zusätzlich gedrängt werden, und wozu sie auch ihr Milieu anstiftet, indem es dazu verführt, das für normal zu halten, als gäbe es gar nicht anderes. Sie sehen sich alle gern auf der Seite der Vermögenden, Superreichen und suchen die Nähe derer, deren Interessen nicht identisch sind mit denen der Lohnabhängigen, was die in ihrem Wahn nicht mehr wissen. Je höher das Amt, desto weniger kostet alles und desto normaler erscheint das. Man sollte aufmerksamer werden für Wulfs Kommunikationstricks und sein strategisches Denken und daraus lernen. Wenn beanstandet wird, daß man vergesse, daß er auch nur ein Mensch sei, dann stimmt das nicht, denn ein Mensch weiß, daß Wirtschaftswachstum nicht einhergeht mit allgemeinem Gehaltswachstum, daß das Verhältnis von Unternehmern und einfachen Leuten antagonistisch ist. Wer das nicht mehr weiß, ist ein Depp oder ein wahnsinnig gewordener Privilegierter. Wulf glaubt, daß die Welt nur von oben aus richtig gesehen ist. Von unten gesehen gibt es nur den Blick des Neides, nur Abschaum, dem man drohen kann. Der Präsident sollte gerade den sich dem Volk aufdrängenden Verdacht entkräften helfen, daß alle Politiker so sind wie Wulf. Das Amt ist etwas, das wir gut gebrauchen könnten. Wenn er aber jenen Verdacht selber nährt und überhaupt erst aufkommen läßt, dann ist er in der Tat fehlbesetzt. Lacan: Wer sich für einen König hält, ist verrückt, auch wenn er König ist. Interessant sind die Abstraktionen in Wulfs eigenen Aussagen, wie in denen seiner Verteidiger und seines Medienanwalts. Interessant ist nicht, ob der Kredit von der Frau oder dem Mann kommt, sondern daß Wulf wert darauf legte, daß er von der Frau sei. Nicht, ob er etwas verhindern oder verschieben wollte, sondern daß er glaubt, drohen zu können. Er sei auch nur Mensch, aber gerade das ist er nicht, indem er sich darauf beruft.
Montag, 9. Januar 2012