Ausgabenstopp
Ausgeben könne man nur, was man vorher eingenommen habe. Diese Binsenweisheit müssen sich die anhören, die auf „Transferleistungen“ angewiesen sind, sowie die sogenannten Linken, die so geschimpft werden, weil sie den Sozialstaat gegen seine Aushöhlung verteidigen möchten. Wenn zugunsten krankhaft reicher Leute gegen diese goldene Regel verstoßen wird, etwa zur Rettung der „notleidenden“ Banken oder solcher Staaten, deren Lenker und Leistungsträger wegen verlockender exorbitanter Privateinkünfte dank der Kungelei mit jenen Banken zum Bankrott neigen, dann ist dies immer schon legitimiert. Daß Wörter wie systemrelevanz verräterisch sind, geht im hysterischen Geschrei der Besonnenen unter. Laut zu sagen, daß all dies offenbart, daß Politiker machtlos sind, daß ihnen gar nichts anderes bleibt, als sich erpressen zu lassen, bleibt folgenlos. So blieb unbeachtet, als sich Renate Künast unlängst in einer Talkshow fragte, von wem wir eigentlich regiert werden, von den Wirtschaftsbossen oder von der Bundesregierung. Hat man sich daran gewöhnt, daß man von Politikern Moral und einenn anderen Verstand als den der eigenen Tasche nicht erwarten kann?
Mit der einen Hand kürzt man den Armen die Unterstützung, mit der anderen schiebt man den Reichen die Milliarden in die fetten Ärsche. Und man tut dabei so, als könne das nicht am Image der Politik kratzen. Dadurch bekommt das einerseits hilflose, andererseits gierige Hampeln der Politiker etwas blutig Irres. Sie werden einerseits zu ihren eigenen Gespenstern, die sich selbst überlebt haben, weil sie noch nicht gemerkt haben, daß sie keine Macht mehr haben, ja daß es sie gar nicht mehr gibt. Andererseits können sie sich die taschen vollstopfen, ohne daß irgendjemand sie daran hindern würde, weil es sie nicht mehr gibt.
Da kann man nur froh sein, daß sich die Wichtigtuer und Krankreichen auch untereinander bescheißen. Einer der reichsten Männer Irlands, der einstige Ministerpräsident Haughey, sammelte, als das Leben seines Außenministers von einer Lebertransplation abhing, bei seinen Geschäftsfreunden Spenden für die Operation. es stellte sich später heraus, daß die Spendensumme weit höher war als die tatsächlichen Krankenhauskosten. der Rest landete auf den Privatkonten des Sammlers. Freilich ist die Hauptbeschäftigung, den Staat und damit den Steurzahler auszunehmen. Wer es als Politiker in Irland vorzieht, in Pension zu gehen, kann mit einer halben Million jährlich rechnen. Den 800.000 Hypothekeninhabern, die man zu Bau oder Kauf eines Eigenheims überredet hatte und von denen immer mehr ihre Zinsen nicht zahlen können, haben nichts vom EU-Rettungsschirm. Das Beschissenwerden wird allgemein und betrifft immer mehr Menschen. Dennoch wird das politische Bewußtsein und das Wählerverhalten von populistischen Bewegungen bestimmt, die rechts sind. Daran können eigentlich nur die Journalisten schuld sein. Vor allem versuchen sie, mit aller Kraft zu verhindern, daß es sich herumspricht, daß der kapitalistische Grundsatz, daß das Wohlergehen der großen Konzerne das Wohl aller zur Folge habe, nicht mehr gilt. Die Konzerngewinne kommen bei den unteren Schichten nicht mehr an. Während die Zinsgewinne aus Kapital steigen, sinken die Reallöhne.
Donnerstag, 30. Dezember 2010