Kritik

 

In einem der Italowestern sehen wir Clint Eastwood und Eli Wallach nebeneinander hergehen, einer auf dem Pferd, der andere zu Fuß, mit einem Spaten in der Hand, mit dem er sich das eigene Grab schaufeln soll. Der auf dem Pferd sagt: Es gibt eben zwei Sorten von Menschen, die einen Reiten, und die anderen tragen einen Spaten. Kürzer und prägnanter kann man es nicht sagen, was unsere Gesellschaft ausmacht. Daran hat sich bis heute nichts geändert, auch wenn man heute Worte wie Klassengesellschaft nicht mehr in den Mund nehmen darf, so wenig wie das Wort Kommunismus. Das liegt am Theoriedefizit heutiger Politiker, wie Oscar Lafontaine so treffend anmerkte, schließlich werden wir von theoretischen Analphabeten regiert. Das Wort Antagonismus haben die wahrscheinlich in ihrem ganzen Leben noch nie gehört. Die Kunst, nicht dermaßen regiert zu werden! hat Foucault einmal den Sinn von Kritik genannt. Wenn Gesine Lötsch das böse Wort mit K gebraucht, dann ruft alles unisono nach dem Verfassungsschutz. Man fordert Ehrlichkeit und beruft sich dabei auf Wahrheit. Dazu paßt, was Foucault mit Kritik meinte:

„Vor allem aber sieht man, daß der Entstehungsherd der Kritik im wesentlichen das Bündel der Beziehungen zwischen der Macht, der Wahrheit und dem Subjekt ist. Wenn es sich bei der Regierungsintensivierung darum handelt, in einer sozialen Praxis die Individuen zu unterwerfen – und zwar durch Machtmechanismen, die sich auf Wahrheit berufen, dann würde ich sagen, ist die Kritik die Bewegung, in welcher sich das Subjekt das Recht herausnimmt, die Wahrheit auf ihre Machteffekte hin zu befragten und die Macht auf ihre Wahrheitsdiskurse hin. Dann ist die Kritik die Kunst der freiwilligen Unknechtschaft, der reflektierten Unfügsamkeit. In dem Spiel, das man die Politik der Wahrheit nennen könnte, hätte die Kritik die Funktion der Entunterwerfung."

 

Donnerstag, 27. Januar 2011

 
 
Erstellt auf einem Mac

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