Weltgeist
Wenn einst Hegel den Weltgeist, das metaphysische Prinzip seiner spekulativen Philosophie, demzufolge sich der Endzweck der Geschichte vermöge der ihr innewohnenden Vernunft verwirkliche, in Napoleon verkörpert sah und ihn Weltgeist zu Pferde nannte, später Karl Marx im Weltmarkt die Schikanen des Weltgeistes vermutete, so müßte man ihn heute wohl in Berlusconi wiederkennen.
Giuliana Parotto hat am Beispiel des Stehaufmännchens Silvio Berlusconi auf die neue Bedeutung der Physis und der Privatheit führender Politiker hingewiesen. Wie Putin immer wieder beim Joggen oder Angeln gezeigt wird und Sarkozy dafür sorgt, daß sein Privatleben die Medien beschäftigt, deren Chefs er dann feuert, so wird Berlusconi als ein Körper inszeniert, der sich nach jeder nur allzu begründeten Attacke wieder aufrichtet und sich damit brüsten darf, sich als neuer Messias in die Politik zu stürzen und sich für Italien zu opfern, wo er doch als erfolgreicher Unternehmer sein Leben genießen könnte. Der mediale Körper ist offensichtlich verführerisch, denn die Körper, die sich ausreichend in Szene setzen, genießen Macht und Immunität. Er entspricht einer Lust, die stärker ist als der Realitätssinn, welcher der frustrierenden Erfahrung ausgesetzt ist, daß keines der Versprechungen je gehalten wird, und die darum auf ausreichend großer Flamme gehalten werden muß.
Montag, 3. Januar 2011