Mustererkennung
Wenn von AI, von „artificial intelligence“ oder „künstlicher Intelligenz“ die Rede ist, sollte es besser „künstliche Dummheit“ heißen. Ein Schachcomputer tritt gegen die Intelligenz eines humanen Schachspielers an mit dem Speicher prinzipiell sämtlicher möglicher Spielvarianten. Dank hoher Speicherkapazität kann Dummheit mit Intelligenz konkurrieren und sie sogar überbieten, aber niemals Intelligenz werden. Wenn John Franklin in Sten Nadolnys Roman „Die Entdeckung der Langsamkeit“ mit seiner Methode von der Dummheit zur Intelligenz gelangen konnte, dann nur weil bereits seine Dummheit intelligent war, auch enn as zunächst niemand erkennen wollte. Wie die Schachprofis langfristig wohl mit Schachcomputern nicht werden mithalten können, so werden auch wir Amateure im Alltag von Computern überholt werden, wenn diese, wie es in mit Milliardenbeträgen budgetierten Forschungsprojekten anvisiert wird, eingesetzt werden zur Überwachung unseres Verhaltens und unserer Gemütsverfassung, um daraus Schlüsse zu ziehen auf unsere Intentionen, um mögliche Verbrechen zu vermeiden. Die vorläufigen Ergebnisse eines Forschungsprojekts an der Universität Krakau, dessen Budgetierung aus EU-Geldern soeben auf 1,4 Mrd € aufgestockt wurde, wird bereits von der polnischen Polizei getestet. Die Autoren einer von der FDP in Auftrag gegebenen Broschüre über den Zukunftsmarkt zivile Sicherheit schätzen das Gesamtvolumen für Überwachungstechnologien auf 100 Mrd bei jährlichen Zuwachsraten von 5%. Abnehmermärkte sind Osteuropa, Nordafrika (vor den Revolutionen), die Golfstaaten, Länder in Fernost. Wie einem Beitrag der SZ vom 1.XII.11 zu entnehmen ist,
werden Daten, die mit Scannern zur Gesichtserkennung und mit Videokameras und Mikrophonen ausgerüstete Drohnen erhoben und mit gespeicherten Daten aller möglichen Mimiken und Verhaltensweisen abgeglichen werden. Die Polizei wird alarmiert, wenn sich ein Individuum merkwürdig benimmt, wobei merkwürdig abweichend, abnormal bedeutet. Als merkwürdiges Verhalten gilt etwa: Herumlungern, sich umschauen und plötzlich loslaufen, nach dem Spiel im Stadion sitzenbleiben, zu lange neben einem Auto stehen, abrupter Richtungswechsel... etc. Wenn man sich vor Augen hält, wie schwierig bis unmöglich es es schon jetzt häufig ist, sein Benehmen einem Polizisten zu erklären, mag man sich den Alptraum ausmalen, der da Gestalt annimmt. Die Dummheit der Polizisten wird so unangreifbar wie eine immer schon gezündete Bombe. In welche Richtung man geht und ob man schwitzt, sollte man sich besser gut überlegen, wie der Autor des SZ-Artikels anmerkt, obwohl einen auch das nicht mehr schützen wird.
Montag, 5. Dezember 2011