Oskar

 

Lafontaine wollte als Finanzminister bei dem Vorhaben Schröders, die Finanzmärkte zu liberalisieren, nicht Komplize sein. Als dies an die Öffentlichkeit drang, blies die deutsche Presse zum Angriff. Lafontaine finanzpolitische Ansichten wurden als völlig abseitig denunziert und gegeißelt. Lafontaine sah sich einem massiven Mobbing durch die Medien und die Partei ausgesetzt. Auch aus dem Kanzleramt kam, von Hombach lanciert, ein gezielter Angriff. Schröder wollte seinen Rivalen loswerden. Auf dem wie ein Steckbrief aufgemachten Titel der Sunday Times vom November 1998 - auch in einer deutschen Ausgabe - wurde Lafontaine als der gefährlichste Mann Europas bezeichnet. Als die BRD zum G7-Gipfel auf den Petersberg einlud, sorgte man dafür, daß sein Ministerium nicht mehr den wichtigsten Vertreter stellen durfte, den sogenannten Scherpa. Diesen Posten beanspruchte der Kanzler für sich selbst. Lafontaine war zwar noch Parteivorsitzer, aber sein Ansehen in der Partei schwand rapide. Schröder ging ihm aus dem Weg und verweigerte ein klärendes Gespräch. Auf dem Gipfel seiner Macht kann sich Schröder in Sicherheit wähnen. Er braucht nur auf einen Fehler seines Gegners zu warten. Als Lafontaine sein Ministeramt aufgab, wurde ihm promt Verantwortungsflucht nachgesagt. Dabei konnte der Regierung und der SPD nichts Besseres passieren. Lafontaine trat auch aus der Partei aus, und seine Genossen befinden, es sei unanständig, der Partei so zu schaden.

Heute kassiert Schröder für einen Beratervertrag mit der Gasprom, nun endgültig ein Mann der Wirtschaft und des Geldes. Lafontaine immer noch ein Linker. Die damals einhellig im Parlament und in den Medien als abwegig und gefährlich bezeichneten finanzpolitischen Ansichten Lafontaines sind heute in aller Munde. Jeder hält die Liberalisierung für verantwortungslos und ursächlich schuld an der Misere. Viele wollen es schon damals gewußt haben, daß das nicht gutgehen kann. Zugleich gilt Lafontaine noch immer als der Verräter, in der SPD wie in den Medien und bei der Mehrheit der Bevölkerung. Diese Schizophrenie schien niemandem aufgefallen zu sein, bis auf die Autoren eines TV-Features Anfang Februar mit dem Titel “Duelle”.

 

Dienstag, 15. Februar 2011

 
 
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