Epistemologie

 

Epistemologie

Im Unterschied zu Ländern wie China oder Nordkorea meint man, im freien Westen, könne man heute alles denken und sagen, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Diese Freiheit sei freilich mit der Wirkungslosigkeit der Äußerungen erkauft. Diese Ansicht, für die in der Tat vieles zu sprechen scheint, verdeckt eine Entwicklung zunehmender Einengung des Denkbaren, der sich unterhalb des Schwelle unserer Reflexionsfähigkeit vollzieht. Unsere Wahrnehmung, in der uns die oben genannte Ansicht evident erscheint, sind selbst von dieser Einengung betroffen. Das, was uns wahrzunehmen und zu denken jeweils möglich ist, nennt Foucault Episteme. Sie sind, wie wir im historischen Rückblick erkennen, veränderlich. Episteme werden in der Menschheitsgeschichte von anderen abgelöst. Sie legen fest, was wir denken können, und auch, was außerhalb des Denkbaren bleibt.

Mit Foucault sollte man sich dafür interessieren, was ein Regime der Wahrnehmung und des Denkens ausschließt, was es verbietet. Die fundamentale Intuition, die die Konzeptualisierung Foucaults trägt, ist jene der Macht, die klassifiziert, befiehlt, verbietet, ausschließt und die, selbst da, wo sie es erlaubt, es unter der Form des Zwangs tut. Im Willen zum Wissen wird der Anspruch der freien Rede in eine durch die Macht produzierte Verpflichtung zu sprechen umgedreht. Man sollte sich Foucaults Intuition des Ausschlußes zu eigen machen, des durch das Außen strukturierten Innen, der Vernunft, die über die Einsperrung des Wahnsinnns konstruiert ist. Man muß ein Sensorium für das entwickeln, was Foucault Episteme nennt, womit er eine Struktur bezeichnet, die Möglichkeiten der Äußerung annulliert. Eine neue Episteme bedeutet, daß es neue Dinge gibt, die man nicht mehr sagen, die man nicht mehr denken kann.


 

Dienstag, 17. Mai 2011

 
 
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