Psychiatrie

 

Die Psychiatrie hat sich nie für den Wahnsinn und seine Rätsel interessiert, sondern sie verdankt sich ihrem Interesse am Töten ohne Motiv, weil sie sich in erster Linie als Schutzagentur der Gesellschaft begriff. Sie ist von Beginn an der Versuch, dem, wogegen sich eine Gesellschaft verteidigen zu müssen glaubt, eine wissenschaftliche Form zu geben. Ihr Problem war immer, wie sie ihre Rechte als Fürsorgemacht innerhalb der Gesellschaft zur Geltung bringen kann. Die Psychiatrie legte stets besonderes Augenmerk auf alle Verhaltensformen, die von sich aus nicht auf verbrecherische Züge schließen ließen und die dennoch als Gefahr registriert werden, wobei der Verdacht sich auf Beobachtungen des Aneckens gründet. Niemand kann die Verbrechen aus heiterem Himmel vorhersagen, außer der Psychiatrie. Sie gleicht damit der Prinzessin auf der Erbse, wie Foucault anmerkte. Ihr Narrativ gleicht dem der Märchen von kleinen Füßen, die in Glasschuge passen, der Erbse unter Matratzen, die blaue Flecken verursacht.

Wie im Pinocchio stehen in ihrem Drama der angemaßte König und das kannibalische Volk einander gegenüber. Der König ist der absolute Feind. Auf ihn können die Gesetze nicht angewandt werden. Er muß daher öffentlich abgesetzt werden. Was ihn verrät, ist seine Angst vor den Kanibalen. Alle von der Psychiatrie aufgespürten Menschenmonster sind Nachfahren Ludwigs XIV.

 

Dienstag, 17. Mai 2011

 
 
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